Welt-Parkinson-Tag: Neue Stammzellentechnologie zur Behandlung gegen Parkinson : Datum:
Forschende entwickeln im Projekt NEURO-STEM eine Technologie, die Stammzellen zu funktionsfähigen Nervenzellen entstehen lassen können, die bei Parkinson-Erkrankten beschädigt sind.
Dr. Marc Christian Thier ist Wissenschaftler und Arzt am Deutschen Krebsforschungszentrum und am Universitätsklinikum Heidelberg. 2021 startete das Verbundprojekt NEURO-STEM. Ziel ist die Weiterentwicklung der iNBSC-Technologie in Richtung einer Zellersatztherapie für Morbus Parkinson. NEURO-STEM wird seit 2021 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms GO-Bio initial gefördert.
Dr. Thier, wer verbirgt sich hinter dem Projekt NEURO-STEM und welche Ziele verfolgen Sie?
NEURO-STEM ist ein Verbundprojekt des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und des Universitätsklinikums Heidelberg. Konkret besteht NEURO-STEM aus den Arbeitsgruppen von Frau Prof. Dr. Hannah Monyer (Universitätsklinikum Heidelberg), Herrn Prof. Dr. Andreas Trumpp und mir (DKFZ und HI-STEM gGmbH). Unser gemeinsames Ziel ist die Entwicklung einer Zellersatztherapie für Parkinson-Patientinnen und -patienten. Unser Ansatz basiert auf der Verwendung patientenspezifischer neuraler Stammzellen, die wir aus einer Blut- oder Hautprobe gewinnen können.
Können Sie uns etwas mehr über die Technologie berichten, die Sie zur Behandlung einsetzen wollen?
Wir konnten kürzlich zeigen, dass es möglich ist, Körperzellen, zum Beispiel Blut- oder Hautzellen, direkt in noch sehr plastische Vorläuferzellen des embryonalen Nervensystems, die man auch als Stammzellen bezeichnet, umzuwandeln. Um diese Stammzellen zu gewinnen, wenden wir eine Technik an, die „Reprogrammierung“ genannt wird. Dabei schleusen wir bestimmte Schlüsselproteine in die Zelle ein, die folglich die Umwandlung in neurale Stammzellen steuern. Diese Stammzellen können wir zu funktionsfähigen Nervenzellen ausreifen lassen, insbesondere zu solchen, die bei der Parkinson-Krankheit betroffen sind. Das Besondere an unserer Technik ist, dass wir Nervenzellen direkt herstellen können, ohne auf noch sehr unreife pluripotente Stammzellen zurückgreifen zu müssen. Das macht unseren Ansatz prinzipiell schneller und für eine spätere klinische Anwendung auch sicherer.
Was macht die Behandlung von Parkinson so herausfordernd?
Die Parkinson-Krankheit selbst ist komplex, da es sich um eine chronisch fortschreitende neurodegenerative Erkrankung handelt, die eine Vielzahl von Zellen im Gehirn betrifft und je nach Krankheitsstadium sehr unterschiedlich auf eine Behandlung anspricht. Vereinfacht gesagt besteht bei Parkinson ein Mangel an Dopamin, einem Botenstoff, der für die Steuerung von Bewegungen verantwortlich ist. Dieser Mangel lässt sich anfangs gut mit Medikamenten ausgleichen. Das funktioniert aber nur so lange, wie noch Nervengewebe mit einer Restaktivität zur Dopaminproduktion vorhanden ist. Sobald ein Großteil dieser Zellen abgestorben ist, was leider im späteren Verlauf der Erkrankung der Fall ist, lässt die Wirksamkeit der Medikamente nach und die Nebenwirkungen nehmen zu. Hier setzt unser Ansatz an, die abgestorbenen Nervenzellen durch neue funktionsfähige Zellen zu ersetzen.
Welche nächsten Schritte haben Sie geplant?
Derzeit werden wir vom BMBF im Rahmen des Programms GO-Bio intial gefördert. Im Rahmen dieses Programms wollen wir in einem Tiermodell für Morbus Parkinson zeigen, dass unser Therapieansatz zu einer Verbesserung der Symptome führt. Parallel dazu passen wir bereits die Produktion unserer Stammzellen an die hohen Sicherheitsstandards für klinische Studien an. Nach Abschluss der Förderperiode planen wir die standardisierte Produktion unseres Stammzellprodukts, den Beginn erster klinischer Studien und die Ausgründung als Biotech-Firma. Wir sind überzeugt, dass wir damit in den nächsten Jahren einen wichtigen Beitrag zur besseren und nachhaltigeren Behandlung von Parkinson-Patientinnen und –Patienten leisten können.
Weitere Informationen
Deutsche Parkinson Gesellschaft e.V.
Deutsche Parkinson Vereinigung e.V.